"Es ist nie zu spät, was Neues zu starten"
(Auszug aus Kapitel 15: "Meine zwölf Lebensregeln")
Mit 39 Jahren habe ich als Neuling angefangen, Immobilien und Versicherungen zu verkaufen. Mit 43 Jahren kündigte ich bei der »Welt« und machte mich als Unternehmer selbstständig. Mit 58 Jahren habe ich meine zweite Doktorarbeit geschrieben und ein Jahr später promoviert. Mit 59 Jahren verkaufte ich meine Firma und startete neue Geschäftstätigkeiten in der Immobilienbranche. Am Ende des Vorwortes zu diesem Buch schrieb ich: »Ich stehe erst am Anfang.« So fühle ich mich auch. Mein Vater, Arnulf Zitelmann, ist 88 Jahre. Er erzählt mir von seinen nächsten Buchprojekten. Meine Mutter, Dietlinde Zitelmann, ursprünglich Kindergärtnerin, startete nach dem Ende ihrer Berufstätigkeit zahlreiche neue Aktivitäten. So absolvierte sie im Alter von über 70 Jahren eine Ausbildung als Atelierleiterin für Ausdrucksmalen bei Laurence Fotheringham und gibt seitdem fortlaufend – mit inzwischen 84 Jahren – Kurse für Ausdrucksmalen in ihrem eigenen Malatelier.
Ich habe nie das Gefühl gehabt, es sei zu spät, etwas Neues zu beginnen. Ich halte es für eine dumme Ausrede, man sei zu jung oder zu alt dafür. Ich rechne anders. Meinen ersten Job an der Uni trat ich im Alter von 30 Jahren an. Das heißt: Ich habe heute 30 Jahre aktives Berufsleben hinter mir. Wenn ich, so wie mein Vater, noch mit 88 Jahren arbeite, dann habe ich gerade etwa die Hälfte hinter mir und die andere Hälfte noch vor mir. Daran, mit 65 in Rente zu gehen, habe ich nie gedacht, obwohl ich schon sehr lange nicht mehr aus wirtschaftlichen Gründen arbeiten muss.
Deshalb verstehe ich niemanden, der 45 Jahre alt ist und meint, es sei zu spät, etwas Neues zu beginnen. Selbst wenn diese Person nur bis zum Alter von 67 Jahre arbeiten wollte (was schade wäre), hätte sie vermutlich gerade einmal die Hälfte des Berufslebens hinter sich. Warum sollte es zu spät sein, Neues zu wagen? Und wann ist der richtige Zeitpunkt, etwas Neues zu starten? Wenn Sie nicht mehr mit Begeisterung bei dem sind, was Sie heute tun. Alle meine beruflichen Tätigkeiten, als Wissenschaftler, Cheflektor, Journalist und PR-Unternehmer haben mir große Freude gemacht. Aber wenn ich merkte, dass die Begeisterung nachließ, begann ich etwas Neues.
Das Gemeinsame an den Neustarts war, dass ich mir Berufe aussuchte, für die weder ein Studium noch eine formale Ausbildung erforderlich sind. Um beispielsweise Arzt oder Anwalt zu werden, müssen Sie mindestens fünf bis sechs Jahre studieren und danach ein zweijähriges Rechtsreferendariat und vielleicht sogar eine mehrjährige Ausbildung als Facharzt absolvieren. Selbst um den einfachen und schlecht bezahlten Beruf eines Friseurs auszuüben, muss man hierzulande eine dreijährige Ausbildung durchhalten.
Als Versicherungsvertreter, Immobilienmakler, Lektor, Journalist, PR-Unternehmer und Investor konnte ich dagegen ohne jede formale Ausbildung sofort neu starten. Ich sehe darin einen Vorteil, weil dies Berufe bzw. Tätigkeiten sind, für die man zwar eine Menge Fähigkeiten braucht, aber keine oder nur sehr geringe formale Ausbildungsvoraussetzungen. Daher eignen sie sich hervorragend für Quereinsteiger, so wie ich es war. Mir half, dass ich ein Autodidakt bin, der gerne und schnell eigenständig lernt.
Sicher kam mir zugute, dass sich in diesen Berufen viele Menschen tummeln, die nicht besonders qualifiziert sind, sodass in mancher Hinsicht der Wettbewerb weniger hart ist als etwa beim Arzt- oder Anwaltsberuf, wo schon während der langwierigen Phase von Studium und Ausbildung weniger Befähigte ausgesiebt werden. Warum soll man sich auf ein Feld begeben, für das die Zugangsvoraussetzungen besonders schwer und bis zu zehn Jahre Ausbildung erforderlich sind – um dann auch nicht mehr zu verdienen als etwa ein fleißiger Unternehmer oder Immobilienmakler? Dafür bedarf es schon einer Menge Idealismus oder das Gefühl einer besonderen Berufung. Wirtschaftlich gesehen ist eine solche Entscheidung dagegen vielfach nicht rational, besonders nicht in der heutigen Zeit, wo Ärzte und Anwälte längst nicht mehr so viel verdienen wie früher einmal. Natürlich genießt ein Arzt oder Anwalt ein viel höheres Ansehen als ein Immobilienmakler oder Journalist. Wenn mir ein Beruf große Freude macht und ich möglicherweise sogar noch sehr gut damit verdiene, dann ist mir das aber weniger wichtig. Im Gegenteil: Da sich viele intelligente Menschen durch diesen Imagefaktor abschrecken lassen, sind die Chancen gar nicht so schlecht, auf solchen, in dieser Hinsicht weniger attraktiven Feldern wirtschaftlich erfolgreich zu sein.
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