Investor: Millionär gegen den Strom
(Auszug aus Kapitel 12)
Nachdem ich beschlossen hatte, reich zu werden, begann ich Bücher zu lesen und Seminare zu besuchen, um mir auf diesem Gebiet Wissen anzueignen. Ich war (und bin) ja auch ein Intellektueller, und die meisten Intellektuellen sind finanzielle Analphabeten. Das war ich auch. Nun las ich sehr viel über Aktien, Investments und über Strategien, wie man reich wird. Einige Bücher und Seminare prägten mich besonders stark. Ende der 90er Jahre besuchte ich ein Seminar über Börsenpsychologie, bei dem ich den – kurz darauf verstorbenen – Börsenaltmeister André Kostolany erlebte. In dem Seminar ging es darum, wie man mit antizyklischem Investieren Geld verdienen kann. Was ich bisher immer schon in meinem Leben getan hatte, nämlich gegen den Strom zu schwimmen, schien sich im Finanzbereich auszuzahlen.
1998 kam das Buch »Investment-Biker« von Jim Rogers heraus, das mich faszinierte. Mit Rogers konnte ich mich identifizieren. Er hatte, so wie ich, Geschichte studiert, er schrieb Bücher und vor allem: Er war ein sogenannter »Contrarian«. So werden Investoren genannt, die damit Geld verdienen, dass sie gegen den Strom schwimmen. Oft kaufte Rogers Aktien von Unternehmen, die sich in großen Schwierigkeiten befanden. Andere schüttelten darüber nur den Kopf. Der Erfolg gab ihm jedoch Recht. Denn in einer Zeit, als der amerikanische Aktienindex S&P 500 nur um 47 Prozent stieg, gewann der von Rogers gemeinsam mit dem bekannten Investor George Soros gemanagte Quantum-Fonds 4.200 Prozent.
Sehr viel später, als ich finanziell schon erfolgreich war, lernte ich Rogers in Singapur persönlich kennen, und wir entdeckten viele Gemeinsamkeiten. »Wenn andere über dich lachen«, so Rogers, »dann bist du auf dem richtigen Weg. Je mehr Leute über dich lachen, desto sicherer kannst du sein, dass du richtigliegst.« Rogers steht zwei Mal im »Guinness-Buch der Rekorde«, das ja damals im Ullstein-Verlag unser bestverkaufter Titel war: Zwei Mal umrundete er die Welt, einmal auf dem Motorrad, einmal in einem eigens für ihn umgebauten Mercedes SLK.
Ein anderes Buch, das mich faszinierte, erschien ebenfalls 1998, nämlich »Der Weg zur finanziellen Freiheit« von Bodo Schäfer. Ich arbeitete damals noch bei der »Welt« und war der erste Journalist, der das Buch besprach. Was mir daran gefiel, waren nicht die Ausführungen über Aktien (die kamen mir allzu optimistisch vor), sondern das, was Schäfer über die mentalen Voraussetzungen zur Reichtumsbildung schrieb. Er forderte die Leser auf, sich mit ihren tief verborgenen Einstellungen – er nannte sie Glaubenssätze – zum Thema Geld auseinanderzusetzen. Waren diese Glaubenssätze förderlich oder hinderlich, um vermögend zu werden? »Ihre Art zu denken hat Sie zu dem gemacht, was Sie heute sind. Dieselbe Art zu denken wird Sie aber nicht dorthin bringen, wo Sie gerne wären«, schrieb er. Das leuchtete mir ein. Er schrieb, dass man sich selbst über die Motive Rechenschaft ablegen solle, warum man überhaupt reich werden wolle. Zu meinen eigenen Motiven werde ich am Schluss dieses Kapitels etwas sagen.
Kurz nach Veröffentlichung der Besprechung lernte ich Schäfer persönlich kennen und besuchte seine Seminare. Ich hatte mir damals schon als Immobilienjournalist einen Namen gemacht, und so bot ich Schäfer an, auf seinen Seminaren zum Thema Immobilien zu sprechen. Das hatte auch den Vorteil, dass ich für die Seminare, deren Teilnahmegebühr einige Tausend Mark kostete, nichts bezahlen musste und stattdessen Honorare mit nach Hause nehmen durfte. Außerdem lernte ich dort andere interessante Menschen kennen, so wie etwa die n-tv-Finanzjournalistin Carola Ferstl, die ebenfalls bei Schäfer referierte und ein Buch mit ihm schrieb. Zu meinem Buch »Reich werden mit Immobilien« schrieb Schäfer das Vorwort. Darin schrieb er über mich: »Er lebt, was er spricht« – für mich selbstverständlich, aber leider nicht für alle Autoren von Büchern über Erfolg und Reichtum.
Von einem dreitägigen Seminar mit dem Titel »Durchbruch zum finanziellen Erfolg« im Jahre 1999 habe ich heute noch den Seminarordner mit 286 Seiten. Auf Seite 133 sollte jeder eintragen, welche Geldsumme er gerne einmal besitzen würde. Damals war ich zwar nicht mehr so arm wie 1996 bei dem Gespräch mit Peter Gauweiler, aber mein kleines »Vermögen« bewegte sich irgendwo im unteren sechsstelligen Bereich. Die erste Million schien jedenfalls ein ganzes Stück entfernt. Schäfer warnte uns: »Schreiben Sie keine Summe auf, die zu gering ist, denn Sie werden später wahrscheinlich nicht mehr erhalten, als Sie sich heute aufschreiben.« Ich nahm allen Mut zusammen und schrieb in meinen Aktenordner: 10 Millionen. Das waren damals noch Mark, nicht Euro. D-Mark-Millionär war ich dann tatsächlich schon zwei Jahre später – viel rascher, als ich es mir erhofft hatte.
Aus Büchern wie »Denke nach und werde reich« von Napoleon Hill oder »Die Macht Ihres Unterbewusstseins« von Joseph Murphy lernte ich, dass Reichtum im Kopf entsteht und man sein Unterbewusstsein »programmieren«, sich bestimmte finanzielle Ziele setzen muss. Dabei kam ich auf die Idee, eine Methode anzuwenden, die ich schon mit Anfang 20 gelernt hatte, nämlich das autogene Training, das der deutsche Arzt Professor Johannes Heinrich Schultz Anfang der 30er Jahre erfunden hatte. Mit dieser Methode kann man sich wie bei einer Selbsthypnose in einen Zustand tiefster Entspannung versetzen. Ursprünglich hatte ich das autogene Training auf Empfehlung meines Internisten gelernt, weil ich Magenprobleme hatte. Daraufhin programmierte ich mir Formeln ein wie »Magen und Darm funktionieren ganz ruhig und störungsfrei«, die tatsächlich wirkten. Jetzt nutzte ich die Methode, um mir finanzielle Ziele einzuprogrammieren.
1999 begann ich damit, mir an jedem Silvesterabend aufzuschreiben, wie viel ich im nächsten Jahr verdienen wollte, und diese Zahl programmierte ich täglich während des autogenen Trainings in mein Unterbewusstsein ein. Ich mache das bis heute, nur dass ich mir seit zehn Jahren nicht mehr das Ziel setze, wie viel ich verdienen will, sondern wie groß mein Vermögen beim nächsten Jahreswechsel sein soll. Natürlich programmiere ich mir auch andere Ziele ein, die nichts mit Geld zu tun haben.
Vielleicht schütteln Sie darüber den Kopf. Aber bei den Interviews mit 45 Superreichen, über die ich im nächsten Kapitel berichte, fand ich heraus, dass viele andere Reiche ähnliche Methoden anwenden. Wenn Sie mit Ihrem derzeitigen Kontostand zufrieden sind, dann brauchen Sie das nicht zu probieren. Falls jedoch nicht, wäre es ja vielleicht einen Versuch wert. Der eine reagiert auf einen solchen Bericht mit der Meinung: »Das funktioniert doch sowieso nicht«. Der andere ist offen für Neues und probiert es aus.
Obwohl Deutschland Ende der 90er Jahre im Aktienrausch war und auch Schäfer in seinen Seminaren die Aktienanlage stark propagierte, hielt ich mich weitgehend davon fern. Einmal kaufte auch ich einen Fonds, der am Neuen Markt investierte. Aber nachdem der seinen Wert verdoppelt hatte und die Stimmung immer euphorischer wurde, verkaufte ich rasch wieder. Mir war die Sache mit den Aktien zu heiß geworden, weil jeder von Aktienanlagen schwärmte. Sogar die Eltern einer ehemaligen Freundin, einfache Leute, die sich nie in ihrem Leben mit Aktien befasst hatten, »investierten« kräftig – und verloren damit später eine Menge Geld.
Weiterhin kaufte ich vermietete Eigentumswohnungen. Das waren zunächst Steuersparmodelle wie die erste kleine Wohnung in Potsdam, die ich im 8. Kapitel erwähnt habe. 1997 erwarb ich die nächste Wohnung in Berlin-Pankow und 1998 eine in Berlin-Mitte. 2016 habe ich die Wohnung in Berlin-Mitte wieder verkauft und schaute mir noch einmal die Zahlen an:
Die Wohnung kostete mich (einschließlich Nebenkosten wie Makler und Grunderwerbsteuer) 154.130 DM. Darin enthalten waren Modernisierungskosten von 89.700 DM, die ich in den kommenden zehn Jahren vollständig abschreiben konnte, was eine Steuerersparnis von ungefähr 40.000 Mark bedeutete. Da ich nur 34.130 DM Eigenkapital eingesetzt hatte, lag mein effektiver Eigenkapitaleinsatz nach Steuern sogar unter 0. Im Jahr 2016 verkaufte ich die Wohnung für 228.000 Euro. Da nach einer Haltefrist von zehn Jahren die Gewinne aus dem Verkauf von privat gehaltenen Immobilien steuerfrei sind, hatte ich aus 0 DM somit 228.000 Euro gemacht. Die Mieteinnahmen hatte ich konsequent für die Tilgung des Darlehens eingesetzt, wie später auch bei meinen anderen Wohnungen.
Die Lage in der Invalidenstraße in Berlin-Mitte fand ich sehr attraktiv. Der Bauträger, der die 1959 gebauten Wohnungen modernisierte, kam in Schwierigkeiten, nachdem die Steuerförderung ausgelaufen war. Um diese in Anspruch zu nehmen, muss der Erwerber die Wohnungen vor Beginn der Modernisierung kaufen. Da der Vertrieb das nicht zuwege brachte, hatte der Bauträger die Wohnungen modernisiert, bevor sie alle verkauft waren. Ohne Steuervorteile ließ sich kaum noch ein Käufer finden, und dies brachte den Bauträger in ernste Schwierigkeiten.
Während ich bisher nur einzelne Wohnungen gekauft hatte, wagte ich es 2001 erstmals, eine etwas größere Anzahl zu erwerben. Dem Bauträger drohte wegen seiner akuten Notlage die Insolvenz. Das war für mich die Gelegenheit, gleich ein kleines Wohnungspaket günstig zu erwerben. Die einzelnen Wohnungen waren vorher für 2.900 DM/qm verkauft worden. Ich kaufte dem Bauträger jetzt 15 Wohnungen für 1.461.800 DM ab, was einem Quadratmeterpreis von 1.896 DM entsprach, also 1.000 DM günstiger als vorher. Dazu kamen Nebenkosten wie Grunderwerbsteuer und Makler, sodass die gesamten Anschaffungskosten bei 1.524.384 DM lagen. Ich hatte mir das Geld fast komplett von der DKB Bank geliehen und nur 25.000 DM Eigenkapital investiert.
2016, als der Immobilienmarkt in Berlin boomte und jeder in Berlin Wohnungen kaufen wollte, verkaufte ich das Paket für 2,75 Millionen Euro. Nachdem ich meine Restschuld von 483.000 Euro (inklusive einer kleinen Vorfälligkeitsentschädigung, weil ich das Darlehen vorzeitig ablöste) bei der Bank beglichen hatte, blieben mir 2.267.000 Euro. Die ursprünglichen 25.000 DM (12.782 Euro) Eigenkapital hatten sich in 15 Jahren um den Faktor 177 vermehrt. Das entspricht einer durchschnittlichen Jahresrendite von 41 Prozent über 15 Jahre. Die Mieteinnahmen, die ich jedoch über viele Jahre vorwiegend für Zinsen, Tilgung, Instandhaltungskosten und Steuern verwendete, habe ich hierbei nicht berücksichtigt. Der Wertsteigerungsgewinn war steuerfrei, weil ich die Wohnungen länger als zehn Jahre im Privatbesitz behalten hatte.
Übrigens ging der Bauträger trotzdem in die Insolvenz. Die Wohnungen gehörten jetzt der Bank, der ich weitere 16 Wohnungen in der gleichen Wohnanlage abkaufte, für 868 Euro/qm, also noch etwas günstiger. Heute muss man für den Quadratmeter dort das Vier- bis Fünffache bezahlen.
Meine Neigung, gegen den Strom zu schwimmen, hatte sich ausgezahlt. Damals, als der Bauträger verzweifelt nach Käufern für diese Wohnungen in der Invalidenstraße suchte und sich keiner fand, kaufte ich sie – zu einem entsprechend günstigen Preis. Heute, wo jeder in Berlin-Mitte kaufen will, verkaufe ich wieder – zu einem entsprechend teuren Preis. Dabei waren kaum Eigenmittel notwendig, weil ich mir fast das gesamte Geld von der Bank geliehen hatte.
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